19.05.2010
Aar-Bote " Bevorzugt jung und frisch"
Pressestimmen
Von Kerstin Prosch
RHEINGAU. Wenn die Kunden keine Möglichkeit haben, ihren Wein zu lagern, muss man ihnen eine geben. So entwickelte das Balthasar Ress in Eltville im vergangenen Jahr das Konzept der Winebank. Jeder kann ein Stück Gewölbekeller mieten, um dort Weine von Baltasar Ress, aber auch von anderen Weingütern zu deponieren. Wer will kann Verwandte oder Bekannte zu einer Weinprobe einladen. Gläser und Wasser stehen im Keller rund um die Uhr bereit. Auch eine Käseplatte kann bestellt werden. Außerdem ist es möglich, den eigenen Wein aus dem Keller in die Restaurants von Laufer oder Keller mitzunehmen. Die erste Flasche kostet kein Korkgeld.
Das Angebot des Weingutes wird laut Seniorchef Stefan Ress stark nachgefragt. Das wirft Fragen auf: Planen weitere Winzer Winebanks? Kommt auch bald eine Lagermöglichkeit für Leute mit kleinerer Geldbörse? Denn Baltasar Ress spricht vor allem ein besser betuchtes Klientel an.
Das Weingut Bur in Kiedrich plant keine Winebank. "Unserer Kunden jammern kaum, über fehlende Lagermöglichkeiten", sagt Christina Bur. Ihrer Auskunft nach entscheiden die meisten Leute nach einem Besuch des Gutsauschankes, Wein nach Hause mitzunehmen.
In der Regel werden höchstens zwei oder drei Kisten gekauft, Die Flachen seien für den baldigen Genuss bestimmt und nicht zum Lagern. Kunden des Weingutes Bur, die ältere Weine schätzen, benötigen auch nicht zwingend einen eigenen Keller mit optimaler Temperatur. Denn das Weingut habe ein großes Lager. Ältere Weine zu kaufen, sei daher kein Problem. Momentan reiche der Lagerbestand bis in das Jahr 1994 zurück. Von den älteren Weinen und den Raritäten erwerben die Kunden in der Regel nur wenige Flaschen - oft kurz vor besonderen Anlässen wie zum Beispiel Geburtstagsfeiern oder Hochzeiten.
Bernd Schönleber vom Weingut Schönleber in Oestrich-Winkel weiß, dass "man in heutigen Mietwohnungen kaum gescheite Keller hat". Dies sei aber für viele überhaupt kein Problem. Die Mehrheit der Weintrinker bevorzuge heute junge und frische Weine. Selbst habe er kaum Kunden, die an älteren Tropfen interessiert sind. Deshalb gibt es bei Schönleber auch keine älteren Weine zu kaufen.
Der Winzer hat außerdem festgestellt, dass sich die Trinkgewohnheiten geändert haben. Früher seien die Leute in den Keller gegangen, um eine Flasche Wein zu holen, die dann gemütlich daheim getrunken wurde. Heute ziehen es die meisten vor, einen Gutsausschank zu besuchen, um sich dort zuzuprosten. Für die Einrichtung einer Weinbank bestehe daher kein Bedarf. Hinzu komme, dass es für ein Kundenlager im Weingut gar keinen Platz gibt.
Wer im Weingut Belz in Eltville Wein kauft, kann diesen dort auch lagern. "Ich habe aber noch nie eine Nachfrage gehabt", berichtet Winzer Karl-Christian Ries. Einzige Ausnahme ist der Geburts- oder Taufwein, den das Weingut anbietet. Hierbei handelt es sich um Drei-Liter-Flaschen, deren Lagerung offenbar doch einigen Kunden Schwierigkeiten bereite.
Das Interesse an älteren Weinen ist laut Ries gering. Das Weingut verfüge über einen Raritätenkeller mit dem Besten aus jedem Jahrgang ab der Gründung des Weingutes 1908. Alle Weine außer denen von 1908 sind verkäuflich. Doch der Bestand im Raritätenkeller wird eher größer als kleiner, da die Mehrheit der Kunden junge Weine verlange. Beim Weißwein höre derzeit das Interesse für viele schon im Jahr 2008 auf. Für eine Flasche aus 2007 seien sie nicht mehr zu begeistern. Auch bei den Rotweinen seien vor allem die Jüngeren gefragt.