09.06.2010
Frankfurter Neue Presse "Winzer versenkt seinen Wein"
Pressestimmen
Ein Baggersee ist ein ungewöhnlicher Ort, um Wein zu lagern. Allerdings findet der Wein in mehreren Metern Tiefe gute Bedingungen, um in Ruhe zu reifen. Ein Rheingauer Winzer hat deshalb gestern in Diez bei Limburg mehrere Weinflaschen in einem See versenkt
von Jan Brinkhus (dpa)
Diez. Ein kurzes Blubbern noch, dann ist die Kiste mit dem Wein von der Wasseroberfläche verschwunden. Was da im Baggersee in Diez bei Limburg untergeht, soll aber in absehbarer Zeit wieder auftauchen. Eine Zwölf-Liter-Flasche und 18 Magnumflaschen gefüllt mit Wein sollen - in Metallkisten verpackt - in 18 Metern Tiefe heranreifen. Versenkt hat sie dort der Rheingauer Winzer Christian Ress, der seinen Riesling erst in drei Jahren wieder an die Oberfläche holen will.
"Die Idee ist nicht unsere", sagt Ress, Besitzer des Weinguts Balthasar Ress in Hattenheim, und Hobbytaucher. In Frankreich etwa versenke ein großes Champagner-haus Flaschen zur Lagerung im Atlantik. "Aber wir sind vielleicht die Ersten, die das in Deutschland machen." Auch Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut in Mainz, der Marketingorganisation für deutsche Weine, kann sich an keine ähnliche Aktion von einem anderen deutschen Winzer erinnern.
Neben der vom Weingut erhofften Werbung hat die Tauchaktion einen ernsthaften Hintergrund. Der edle Rebsaft liegt in 18 Metern Tiefe und auf dem Grund des Sees herrscht das ganze Jahr über eine Temperatur zwischen sechs und acht Grad - der Wein ist außerdem abgeschottet von Tageslicht. "Die Temperaturen da unten sind sicherlich konstant", sagt Büscher. Außerdem gelte: Je wärmer die Weine lagern, desto eher finden Alterungsprozesse im Wein statt."
Johann Seckler von der Forschungsanstalt für Weinbau in Geisenheim, hält eine gleich bleibende Temperatur zwischen 12 und 15 Grad Celsius für wichtig, damit sich Wein gut hält. "Darüber hinaus altert der Wein dann schneller. Je kühler, desto besser ist es", berichtet der Experte für Getränketechnologie. Entscheidend sei aber auch, dass die Luftfeuchtigkeit konstant und nicht zu hoch sei.
Niedrigere Temperaturen zu erzielen ist mit normalen Mitteln eigentlich unmöglich - und eine ökologische wie ökonomische Abwägungsfrage. So gibt es zwar spezielle Kühlschränke zur Weinlagerung, diese kosten aber einiges an Energie. Auch die Extra-Kühiung eines Lagerraums sei nur mit großem Aufwand möglich. "Der Stromzähler tickt", verdeutlicht Seckler.
Die Lagerung von Wein in einem See - wie in Diez - dürfte aber trotzdem keine Schule machen. "Ich denke nicht, dass das in großem Stil machbar ist", sagt Büscher vom DWI mit Blick auf den großen Aufwand. Darum geht es Ress aber auch nicht. Das Weingut feiere in diesem Jahr 140-jähriges Bestehen. Da habe man eben etwas ganz Besonderes machen wollen, erzählt der junge Winzer vor dem Tauchgang.
Damit er in drei Jahren keine böse Überraschung erlebt - der Baggersee ist beliebt bei Tauchern - hat er die Weinflaschen, die oben versiegelt und somit wasserdicht sind, besonders gesichert. Sie sind verpackt in Metallkisten mit Vorhängeschlössern). Über die Kisten stellten die Taucher außerdem einen 250 Kilo schweren Stahlkäfig. "Damit dürfte dann nichts mehr passieren", sagt Ress. Doch um sicherzugehen will er öfters einmal nachschauen.
Der Rheingau, aus dem auch Ress stammt, zählt zu den kleineren der 13 deutschen Weinanbaugebiete. In Hessen wird sonst nur noch an der Bergstraße Wein angebaut. Im Rheingau setzten die Winzer vor allem auf weiße Sorten. Dominierend ist dabei Riesling, der etwa 2500 von 3100 Hektar Anbaufläche einnimmt. Einige Lagen aus dem Rheingau genießen Weltruf Zweithäufigste Rebart ist Spätburgunder für Rotweine. Das Anbaugebiet reicht von Flörsheim am Untermain bis nach Lorch im Mittelrheintal. Der größte Teil erstreckt sich auf dem rechten Rheinufer zwischen Wiesbaden und Rüdesheim.
ZUM THEMA
Wie selbst ein 1540er heute noch trinkbar ist
Mainz. Wein ist unter bestimmten Umständen auch Jahrhunderte lang halt- und genießbar. Das zeigt eine Anekdote aus Wurzburg. Dort wollten die Bürger der Stadt 1631 während des Dreißigjährigen Krieges ihren wertvollen Jahrtausend} Jahrgang" von 1540 vor den schwedischen Truppen retten, wie Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut in Mainz berichtet. Sie vergruben den Wein daher im Wald, wo er erst mehr als 50 Jahre zufällig wiederentdeckt wurde Fürstbischof Konrad von Wernau ließ dann für den Wein ein großes Fass bauen - das "Schwedenfass". Es steht heute noch im Keller unter der Bischöflichen Residenz in Würzburg.
Im 19. Jahrhundert wurde der edle Tropfen in Flaschen umgefüllt. Eine Flasche wurde 1966 geöffnet und verkostet - er schmeckte noch. "Eine Flasche des 1540ers lagert heute noch im Bürgerspital von Würzburg, eine weitere im Historischen Museum in Speyer", sagt Büscher. "Es ist der älteste noch trinkbare Wein der Welt." '